Wie der Wiesbadener Obmann Ingmar Schnurr zum Einsatz in der Ostfrieslandliga beim Heimspiel des TuS Norderney gekommen ist
Am 13. Juni überzeugte der Wiesbadener Schiedsrichter-Obmann Ingmar Schnurr (SV Frauenstein) in der notwendig gewordenen Neuauflage des Wiesbadener Pokalendspiels mit seinen Assistenten Veith Lang (TuS Medenbach) und Julian Spies (Spvgg. Sonnenberg) durch umsichtige Spielleitung. 3:1 setzte sich der FC Bierstadt gegen den Türkischen SV durch, nachdem das Sportgericht den Abbruch der ersten Auflage als nicht gerechtfertigt angesehen hatte. Zwei Monate später ist Schnurr nun reif für die Insel. Nicht, weil ihn das Finale zu viele Körner gekostet oder ihn die Beanspruchung als Maler- und Lackierermeister im eigenen Betrieb erschöpft hätte.
Inseleinsatz sofort mit Begeisterung zugesagt
Der Anlass ist vielmehr ein ebenso ungewöhnlicher wie erfreulicher. Der Chef der Wiesbadener Schiedsrichter-Gilde wird am 25. August (Anstoß 14 Uhr) die Partie der Ostfrieslandliga zwischen Inselteam TuS Norderney und TuRa Marienhafe leiten. Kein (Ostfriesen-) Witz, sondern Tatsache. Durch Schiedsrichter Emanuel Schmitz (SC Rhauderfehn/Langholt) aus Ostfriesland, der in Wiesbaden-Medenbach zu Besuch bei Freunden ist und auch ein Testspiel der Medenbacher Zweiten leitete, kam alles ins Rollen. „Der dortige Schiedsrichter-Obmann Martin Brandt hat mich daraufhin angerufen und angefragt. ‚Wenn du willst, kannst du bei uns ein Spiel pfeifen‘. Da brauchte ich nicht lange zu überlegen“, war für den Wiesbadener der Schiedsrichter-Austausch über eine Entfernung von über 500 Kilometer sofort beschlossene Sache. Wo er doch durch seine im Raum Oldenburg lebende Tochter Kathrin, selbst aktive Fußballerin, ohnehin eine starke Verbindung zum Norden hat. Mit seiner Frau Marion, mit der er noch die Töchter Sandra und Jana hat, wird er nächste Woche den Besuch bei Kathrin mit dem Einsatz auf der Nordseeinsel verknüpfen und ab Norddeich Mole mit der Fähre die einstündige Überfahrt in Angriff nehmen.
Gespann mit zwei heimischen Assistenten
„Vor Ort bilde ich mit zwei heimischen Assistenten ein Gespann. Da werde ich mich vorher ein bisschen impfen lassen über Gegebenheiten und Regelauslegung. Das ist von Verband zu Verband unterschiedlich“, erläutert der frühere Torjäger des FSV Gräselberg, der in der Saison 1993/94 unter dem kürzlich verstorbenen Trainer Ronny Borchers auf Regionalliga-Ebene bei Kickers Offenbach spielte und gleich im Testspiel gegen Metz traf.
Heißt: Ingmar Schnurr, später noch bei Phoenix Breckenheim aktiv, kennt den Fußball in all seinen Facetten, setzt als Schiedsrichter stets auf den ruhigen Dialog mit den Spielern und sieht sich nicht als Hauptdarsteller. Die neuen Ansätze, die ausufernden Zwischenfällen vorbeugen sollen, betrachtet er eher skeptisch. Etwa die Stopp-Regel. Mit über dem Kopf gekreuzten Armen kann der Referee bei überbordenden Emotionen mehrere Male eine Unterbrechung herbeiführen, verbunden damit, dass sich beide Teams in den eigenen Strafraum zurückziehen sollen. Mit Kapitänen und Verantwortlichen soll der Spielleiter dann für generelle Beruhigung sorgen. „Ich denke eher, dass es nicht viel bringen wird. Wie soll das klappen, dass die Spieler in ihren Sechzehner gehen? Sie in die Kabine zu schicken, das würde ich für die bessere Regelung halten“, sagt Ingmar Schnurr.
Nur Kapitän Bezugsperson
Bei der „Mecker-Regel“ zielt die Konflikt-Prophylaxe oder Bewältigung darauf, dass einzig die Spielführer in den Dialog mit dem Unparteiischen eintreten dürfen. Für den Wiesbadener Schiri-Boss (57) ebenfalls nicht unbedingt ein zielführender Ansatz. „Im Amateurbereich versucht man doch die Bindung zu allen Spielern zu haben. Nur die Kapitäne – ich weiß nicht, ob das sinnvoll ist“, zweifelt Schnurr. Und freut sich jetzt erst einmal auf den Inselauftritt der besonderen Art auf der schönen Anlage des Turn- und Sportvereins Norderney mit über 1250 Mitgliedern in über 13 Sparten. Dort soll es für ihn, wie im Pokalfinale, wieder wie am Schnürchen laufen.